Mein geliebter, gehasster Ascheplatz

Manche nennen ihn Ascheplatz, manche Tennenplatz, wieder andere Hart- oder Bolzplatz.

Meine ersten fußballerischen Gehversuche habe ich auf Asche gemacht. Auf dem Bolzplatz an den Bahngleisen. Schöner, bei Hitze staubiger, bei Regen matschiger Ascheboden. Darauf liegen die Wurzeln des Fußballs in unserer Region.

 

Der Ascheplatz ist eine aussterbende Rasse. Es werden keine neuen mehr gebaut, höchstens für viel Geld restauriert und sind dann für lange Zeit nicht bespielbar, auch nach Abschluss der Restaurationsarbeiten. Aber das ist eine andere Geschichte.

 

Heutzutage spielt man auf Kunstrasen. Die Fußballer, klein und groß, gehen zu den Vereinen die einen Kunstrasen auf der Anlage haben. Die anderen Clubs verschwinden nach und nach von der Landkarte. Auch auf unserer Anlage wird der Ascheplatz verschwinden. Ein 2. Kunstrasen wird dessen Platz einnehmen.

 

Bevor der letzte Ascheplatz in unserer Region geschlossen wird und nach meistens dringend benötigter Sanierung des Bodens Wohnanlagen, Einkaufszentren oder sonstwas errichtet werden, ist es meiner Meinung nach dringend notwendig, dieser Art fußballerischen Kulturgutes die letzte Ehre zu erweisen.

 

Wie oben geschrieben liegen auf der Asche sowohl meine persönlichen fußballerischen Wurzeln als auch diese von Rhenania. Bis zum Umzug ins Blankenfeld laufen die Geschichten von Rhenania und den braunen, staubigen Untergründen parallel. Sei es an der Horster Straße, an der Zeche Welheim oder auch an der Körnerschule.

 

Mein erstes Spiel für Rhenania war auf dem Platz von SSV 51. Und ich fand es toll, total vedreckt aber glücklich vom Platz zu kommen. Der Platz war nur Nebensache weil eben alle nur Asche hatten, außer den Profis und einigen Vereinen in Bottrop, auf deren Rasenplatz man aber sowieso nie spielen durfte. 

 

Und wir waren stolz auf unseren Platz, wenn wir zu Grün-Weiss Holten fahren mussten, um dort auf einem Feld zu spielen, für den die Bezeichnung Kartoffelacker noch ein Kompliment war. Schwarze Kohlenasche, dicke Steine und Löcher im Boden groß wie Krater. Dagegen war unser Platz ein Paradies. Alles nur eine Frage der Perspektive.

 

Und Spiele während und nach Regenschauern waren sowieso das Größte für uns kleine Rhenanen. Matsche weit und breit, der Ball rollte keine drei Meter auf dem Boden und wir sahen aus, als kämen wir von unter Tage. Aber wir hatten Spaß wie Bolle. 

 

Der größte Vorteil eines Ascheplatzes war aber und das steht völlig außer Frage, war die Tatsache, das man immer seinen aktuellen Tetanus-Impfstatus kannte. Da man bei jeder Grätsche einen halben Quadratmeter Haut verlor, war der Besuch beim Kinder- oder Hausarzt obligat, der einen dann auf dem kurzen Dienstweg mit einer Bürste den Dreck aus der Wunde schrubbte und im Zweifelsfall ("Weißt Du wann deine letzte Tetanus-Impfung war?) die Spritze direkt reinjagte, bevor die Mutter mit dem Impfpass angerannt kam.

 

Es war ein schöne Zeit, aber sie ist eben vorbei. Heute spielt man halt auf Kunstrasen, morgen vielleicht auf Kuschelwatte oder in Virtual Reality. Da sei die Verletzungsgefahr irgendwie geringer, sagt man. 

 

Bevor man mich falsch versteht und als Ewiggestrigen verurteilt. Ich freue mich, das es im Blankenfeld bald einen zweiten Kunstrasen geben wird. Es ist gut für unseren Verein und dessen Zukunft.

 

Aber vermissen werde ich ihn doch irgendwie, meinen geliebten und gehassten Ascheplatz.

 

     MB